My Privilege of wanting less

German Version

What if less was enough? – I am trying to find an answer to this question and realize that it is not that easy for me. The question of less seems  to me of utmost importance in some moments, yet in others I find myself judging it as detached and arrogant. As a Western European educated citizen and White representative of the Generation Y (why), I certainly belong to the privileged world population in a worldwide comparison.

Thanks to state education funds, I have been able to study and live well in beautiful old apartments in large East German cities. I am privileged, because I have the opportunity to look at my current lifestyle and say I would still be fine with less. And to be able to say that, I had to do little myself up to here and now. I have neither chosen who my parents are, where they live, nor to which social class or ethnicity they belong: I was born into privilege. Compared to other families of the educated bourgeoisie, my family, as a working-class family, has always been at the lower end of the average income scale, yet I have enjoyed one of the best educations (by Western European standards). But what do I do with this knowledge about my privilege and what consequences do I draw from it for myself? 

In our society, prosperity or wealth means having an abundance of valuable possessions, or having an abundant supply of a particular desirable thing. If you have a lot of one thing, you are rich. At some point, our society has agreed that a rich person is one who calls a lot of material (or monetary) possessions his:her own. But money does not make us happy, blablabla, we have heard all of this already a thousand times - but comparatively little has changed. But from my own experience, I would like to stress here: Money certainly contributes to happiness. At least in some ways. Of course, it makes you happy when you don't have to calculate every penny you spend on vacation or when I can buy something that makes a friend or my brothers happy. What makes people unhappy is becoming dependent on money, i.e. if someone is only happy when money or possessions increase. This dependence works like an addiction. In the beginning, a small dose is sufficient, the mood is good and one feels connected to what is going on around one. But at some point the dose is not enough to reach the previous high, so you need more. And more and more and everything else around you somehow moves further and further away and becomes irrelevant.

Am I free then? Maybe free from social structures, but bound to something that destroys my reality, if I lose it. So how do I imagine a sufficient less or a better more? When I think about having less myself, I assume first and foremost that what I possess does not need to keep growing. As long as I can live well - actually, keep my current standard - I don't need to strive for more. Even as I write this sentence, I hear my own voice and the voices of many others asking, "What? Don't you have goals in life? Don't you want more? You can't be satisfied already here and now." And then I think: Yes I can! I can and I want to, because I notice everywhere around me how the eternal striving and questioning about the goal in life, leads to depression, to paralysis and excessive demands. I think that life can also be about looking at the path as the goal and not about envisioning your possible future through frosted glass. And I want to do just that, because that may be the crucial point at which I gain sovereignty over my privileges. I want to empower myself to break free from the expectations placed on me. I want to oppose a society that is worried when you don't have an answer to the question: Where do you see yourself in ten years? Less striving, then. Less striving and more capacity and time for the here and now. Because when you're busy making plans, you're busy. And life, as you know, happens while you are busy making plans. I don't feel like having less now to possibly have more in the future. 


 
© Thekla Liebmann

© Thekla Liebmann

 

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Mein Privileg, weniger zu wollen

Was wäre, wenn weniger genug wäre? Ich versuche eine Stellungnahme zu dieser Frage zu finden und merke, dass es mir nicht leicht fällt. Die Frage nach weniger scheint mir manchmal von höchster Wichtigkeit und dann wieder abgehoben und arrogant. Als Westeuropäische Bildungsbürgerin und Weiße Vertreterin der Generation Y (why) zähle ich in einem weltweiten Vergleich zur privilegierten Weltbevölkerung.

Ich habe dank staatlicher Bildungsfonds studieren und in schönen Altbauwohnungen in ostdeutschen Großstädten gut leben können. Ich bin privilegiert insofern, dass ich die Möglichkeit habe, den aktuellen Zustand zu betrachten und sagen zu können, mit weniger ginge es mir immer noch gut. Und dafür musste ich bis hier und heute wenig selbst leisten. Ich habe mir weder ausgesucht, wer meine Eltern sind, wo sie leben, noch welcher gesellschaftlichen Schicht oder Ethnie sie angehören: Ich bin ins Privileg hineingeboren. Im Vergleich zu anderen Familien des Bildungsbürgertums, stand meine Familie als Arbeiter:innen-Familie immer eher an der unteren Grenze des durchschnittlichen Einkommens, dennoch habe ich (nach westeuropäischen Standards) eine der besten Bildungen genießen können. Was fange ich an mit dem Wissen über mein Privileg und welche Konsequenzen ziehe ich daraus für mich? 

In unserer Gesellschaft bedeutet Wohlstand oder Reichtum eine Fülle von wertvollen Besitztümern zu haben oder auch, dass ein reichliches Angebot an einer bestimmten, begehrenswerten Sache besteht. Hast du viel von einer Sache, bist du reich an ihr. Nun hat sich unsere Gesellschaft irgendwann darauf geeinigt, dass reich ist, wer viel materiellen (beziehungsweise monetären) Besitz sein:ihr eigen nennt. Aber Geld macht nicht glücklich, blablabla, haben wir alles schon tausendmal gehört – getan hat sich vergleichsweise wenig. Und Geld, das möchte ich hier aus eigener Erfahrung heraus, kurz festhalten, trägt in einem gewissen Maß definitiv zum Glück bei. Natürlich macht es glücklich, wenn im Urlaub nicht jeder Cent umgedreht werden muss oder ich einer Freundin oder meinen Brüdern etwas kaufen kann, was sie glücklich macht. Was unglücklich macht ist, in die Abhängigkeit von Geld zu geraten, sprich: Nur noch glücklich zu sein, wenn das Geld oder der Besitz sich vermehren. Diese Abhängigkeit wirkt wie eine Sucht. Am Anfang ist eine geringe Dosis ausreichend, die Stimmung ist gut und man fühlt sich verbunden zu dem, was um eine:n herum passiert. Doch irgendwann reicht die Dosis nicht mehr aus, um das vorherige High zu erreichen, also brauche ich mehr. Und mehr und mehr und alles andere um mich herum rückt irgendwie immer weiter von mir ab und wird nebensächlich.

Bin ich dann frei? Vielleicht frei von sozialen Strukturen, aber gebunden an etwas, dessen Verlust meine Realität zerstört. Wie stelle ich mir also ein ausreichendes Weniger oder ein besseres Mehr vor? Wenn ich selbst über weniger nachdenke, dann gehe ich vor allem davon aus, dass was ich besitze nicht stetig weiter wachsen muss. So lange ich gut (über)leben kann – also eigentlich, meinen jetzigen Standard halte – muss ich nicht nach mehr streben – schon beim Schreiben dieses Satzes höre ich meine eigene Stimme und die Stimmen vieler anderer fragen: „Wie? Hast du denn keine Ziele im Leben? Willst du nicht mehr? Du kannst doch nicht hier und jetzt schon zufrieden sein.“ Und dann denke ich: Doch! Ich kann und ich will, weil ich in meinem Umfeld sehe, wie das ewige Streben und Fragen nach dem Ziel im Leben, zu Depressionen führt, zu Lähmung und Überforderung. Doch; weil ich denke, dass es im Leben auch darum gehen kann, den Weg als das Ziel zu betrachten und nicht wie durch Milchglas eine eventuelle Zukunft anzuvisieren. Und ich will genau das, weil das vielleicht der entscheidende Punkt ist, an dem ich die Hoheit über meine Privilegien gewinne. Ich möchte mich selbst ermächtigen, mich von den an mich gestellten Erwartungen zu lösen. Ich möchte mich einer Gesellschaft entgegenstellen, die komisch schaut, wenn du keine Antwort auf die Frage hast: Wo siehst du dich in zehn Jahren? Weniger Streben also. Weniger Streben und mehr Kapazität und Zeit fürs jetzt und hier. Denn wenn du beschäftigt bist, Pläne zu schmieden, bist du beschäftigt. Und das Leben passiert ja bekanntlich, während du dabei bist Pläne zu schmieden. Ich habe keine Lust jetzt weniger, um zukünftig eventuell mehr, zu haben. 


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